Psychotherapie

Sexuell grenzüberschreitende Jugendliche

Seit 2006 arbeite ich einzel- und gruppentherapeutisch mit männlichen Jugendlichen, die sexuelle Grenzen von anderen Kindern oder Jugendlichen überschritten haben.

Es gibt viele Gründe, die hinter solch einem Verhalten stehen können. Die meisten der Jungen, denen ich in diesem Zusammenhang begegnet bin, haben in jungen Jahren Erfahrungen mit Verwahrlosung, häuslicher Gewalt, Misshandlungen, eigenem erlebten sexuellen Missbrauch, Ohnmacht und Ablehnung gemacht.

Aufgrund ihres meist negativen Selbstbildes, Entwicklungsverzögerungen und ungenügender Förderung fällt es ihnen oft schwer, zu Gleichaltrigen angemessen in Kontakt und Beziehung zu treten. Sie geraten in Außenseiterrollen, fühlen sich abgelehnt, ungeliebt und unsicher.

Nicht selten suchen sie dann Kontakt zu jüngeren Kindern oder Geschwistern, insbesondere auch in Wohngruppen, um das Risiko einer Ablehnung, Demütigung und Frustration zu minimieren.

Kommen dann sexuelle Bedürfnisse ins Spiel, ist das Zugreifen auf unterlegene Kinder leider oft der scheinbar einfachste Weg, die eigenen Bedürfnisse nach sexuellen Erfahrungen, Nähe, Zugehörigkeit, aber auch Macht, Überlegenheit und Kontrolle zu befriedigen.

Eine Rolle dabei spielen auch mangelnde Aufklärung und das Aufwachsen ohne eigene erlebte Schutzzonen der Intimität.

 

Fatal für die betroffenen Kinder wie auch die grenzüberschreitenden jungen Menschen ist eine Bagatellisierung des Geschehens. Die Erfahrung zeigt, dass es meist nicht ausreicht, ein klärendes Gespräch zu führen. Die Übergriffe gehen häufig im Verborgenen weiter, traumatisieren die Opfer und verfestigen die schädigenden Verhaltensmuster bei den übergriffigen Kindern und  Jugendlichen.

Die Jungen, die ab 14 Jahren in die spezialisierte therapeutische Wohngruppe kommen, in der ich, neben meiner eigenen Praxis, als Therapeutin tätig bin, zeigten meist schon Jahre zuvor sexuell auffälliges und übergriffiges Verhalten.

Man wollte die Jungen mit oft eigener erheblicher Opfergeschichte vor den Konsequenzen schützen und ließ damit zu, dass dadurch weitere Kinder betroffen wurden. In den letzten Jahren hat hier ein stetig wachsendes Bewusstsein für diese Dynamiken eingesetzt, und es wird früher interveniert.

 

Was brauchen alle Beteiligten, um die Verletzung und den Schaden möglichst gering zu halten und Heilung wie auch gesunde Entwicklung zu fördern?

 

Zunächst geht es in aller Klarheit um den Schutz der betroffenen Kinder und weiterer potentieller Opfer!

Dies bedeutet, dass ein sicherer Umgebungsrahmen geschaffen werden muss, in dem die Gefahr weiterer Übergriffe minimiert wird.

In einer delikt- wie auch persönlichkeitsorientierten Psychotherapie kann das übergriffige Verhalten umfassend aufgearbeitet werden. Es geht darum, für sich zu erkennen, was die Hintergründe, Bedürfnisse, Motivationen, eingesetzten Strategien und Handlungsabläufe waren, um sie identifizieren und dadurch steuern zu können. Es ist wichtig, das Geschehene zur eigenen Biographie in Bezug zu setzen. Weitere relevante Themen sind das Wahrnehmen von Grenzen bei sich und anderen, Empathiefähigkeit, Nähe-Distanz, Macht-Ohnmacht, Scham, Reue, Konsequenzen des eigenen Handelns für alle Beteiligten, das Entwickeln von Fähigkeiten zur angemessenen Kontakt- und Beziehungsaufnahme, Aufklärung uvm.

Letztlich geht es darum, aus einer reflektierten Haltung heraus Verantwortung für das eigene Handeln zu übernehmen und bewusste Entscheidungen zu treffen. Diese können dann mit entsprechender Unterstützung umgesetzt werden.

 

Meiner Erfahrung nach liegen in den meisten Fällen sexuelle Übergriffe auf Kinder durch Jugendliche in Ursachen begründet, wie sie im oben umrissen wurden. Häufig entwickeln sich die Jugendlichen aus diesem Präferenzschema heraus, reifen nach, kommen in die Lage, gleichaltrige Beziehungs-, und Sexualpartner kennenzu lernen.

 

In wenigen Fällen zeichnet sich eine Präferenzbesonderheit, später als Präferenzstörung bezeichnet, ab, welche die anhaltende sexuelle Ansprechbarkeit auf das kindliche Körperschema beinhaltet.

Hier geht es darum, ein Wissen um die Folgen für die betroffenen Kinder zu schaffen wie auch eine langfristige Impulskontrolle zu entwickeln und manchmal durch eine äußere Kontrollstruktur zu unterstützen.

 

Dieser Einblick beschreibt natürlich nur einen Ausschnitt der sehr komplexen Gesamtthematik.

 

Auf Wunsch biete ich Einzeltherapien zum Thema wie auch Beratung und Clearing für Träger der Jugendhilfe,

pädagogische Teams und Jugendämter an.